Immaterielles Kulturerbe – dieser Begriff ist den meisten Menschen vertraut. Eine Nudelsuppe aus dem alt eingesessenen Restaurant der Heimatstadt, überlieferte Volksrituale bei Festen oder handgefertigte Batik-Arbeiten aus dem Urlaub: All diese Szenen, die in unseren Alltag integriert sind, sind die beste Form der Bewahrung dieses Erbes. Der aktuelle Bericht des Kultur- und Tourismusministeriums zeigt, dass China im 14. Fünfjahresplan herausragende Erfolge beim Schutz des immateriellen Kulturerbes erzielt hat. 325 Projekte wurden in die fünfte Liste des nationalen immateriellen Kulturerbes aufgenommen, und die Zahl der Einträge auf der UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes stieg auf 44 – damit liegt China weltweit an der Spitze.
Was bedeutet es, dass China mit 44 Einträgen die weltweite Führungsposition einnimmt?
Anders als statische Kulturdenkmäler, die unverändert bewahrt werden müssen, zeichnet sich immaterielles Kulturerbe durch seine Lebendigkeit aus – es ist das gelebte Leben selbst. In den letzten Jahren erlebten Museen, Kulturprodukte und immaterielles Kulturerbe einen wahren Boom. Von langen Schlangen vor Museen und Denkmälern bis hin zu Alltagsmode und -produkten im „chinesischen Stil“ – die traditionelle Kultur zeigt sich in vielfältigen Formen. Besonders bemerkenswert ist, dass das immaterielle Kulturerbe im Zuge der Zeit seinen Mehrwert weiter entfaltet. So war beispielsweise der sphärisch-melodische Kam-Großchor im Film „Nezha“ zu hören, wo traditionelle Klänge und moderne Filmkunst aufeinandertrafen und eine einzigartige Wirkung entfalteten. Dies verleiht der jahrtausendealten Kultur nicht nur neue Vitalität, sondern erzeugt auch bei Millionen Chinesen eine lebendige kulturelle Resonanz.
Diese kulturelle Welle, die unseren Alltag durchdringt, haben wir wohl alle schon miterlebt und gespürt. Vor einigen Jahren sah ich bei einer Recherchereise in Yunnan, wie Designer Ölpapier-Schirme zu kreativen Lampenschirmen umgestalteten – eine faszinierende Idee. So bleibt nicht nur das traditionelle Handwerk erhalten, sondern es erhält auch einen praktischen Nutzen. Das machte mir klar: Traditionelles Handwerk überlebt durch Innovation und zeigt so die Essenz kultureller Weitergabe. Diese Weitergabe dreht sich stets um die Frage: Woher kommen wir und wohin gehen wir? „Woher wir kommen“ steht für die Ehrfurcht und Verbundenheit mit unseren kulturellen Wurzeln, für die Bewahrung der Weisheit unserer Vorfahren. „Wohin wir gehen“ bedeutet, den Puls der Zeit genau zu erfassen.
Der materielle Wohlstand von heute verleiht den Menschen nicht nur Lebensmut, sondern weckt auch ein tiefes Bedürfnis nach kultureller Identität – und verleiht diesem Erbe damit eine nie dagewesene Vitalität. Nehmen wir das Drachenbootfest: Ursprünglich diente es zur Abwehr von Unglück und Krankheiten. Auch wenn dieser Zweck heute nicht mehr im Vordergrund steht, sind Drachenbootrennen und das Aufhängen von Beifuß nach wie vor wichtige Bräuche, mit denen moderne Menschen ihre guten Wünsche ausdrücken und sich motivieren. Vor einigen Jahren, so berichteten die Medien, überreichte der chinesische UN-Botschafter seinen Kollegen im Sicherheitsrat Luban-Puzzles – und verglich sie mit dem Frieden: Wie diese Puzzles lässt sich Frieden leicht auseinandernehmen, aber schwer zusammensetzen; leicht zerstören, aber schwer wiederaufbauen. Das Spiel von Auseinandernehmen und Zusammensetzen demonstriert chinesische Weisheit und hat internationale Aufmerksamkeit erregt.
So prägt das „immaterielle Kulturerbe“ unser Leben und formt unsere kulturelle Identität. Der Entwurf für den 15. Fünfjahresplan sieht daher vor, „das Projekt zur Weitergabe und Entwicklung des hervorragenden traditionellen chinesischen Kulturerbes vertiefend umzusetzen, den systematischen Schutz des kulturellen Erbes zu fördern und eine einheitliche Überwachung und Inspektion durchzuführen“. Damit werden die Wurzeln von „woher wir kommen“ fester und die Richtung von „wohin wir gehen“ klarer. Wir sind überzeugt, dass unser immaterielles Kulturerbe in Zukunft noch mehr zeitgemäße und publikumsnahe Wege der Teilhabe erschließen wird!
Bis zur nächsten Ausgabe!
Kam-Großchor
Der Kam-Großchor ist eine von der UNESCO anerkannte Tradition der Dong-Minderheit in Südchina, bekannt für seinen komplexen polyphonen Gesang ohne instrumentale Begleitung. Diese uralte Kunstform, die über Generationen weitergegeben wird, zeichnet sich durch mehrstimmige Harmonien aus, die natürliche Klänge nachahmen, und ist zentral für die kulturellen und sozialen Zeremonien der Dong. Historisch spielte der Chor eine entscheidende Rolle bei der Bewahrung der Dong-Sprache und mündlichen Überlieferungen.
Nezha: Der Dämonenjunge verwüstet das Meer
Dies ist eine Zusammenfassung einer traditionellen chinesischen Volkserzählung, kein konkreter Ort. Die Geschichte von Nezha, einem göttlichen Kind mit übernatürlichen Kräften, ist eine berühmte Episode aus dem chinesischen Roman „Die Investitur der Götter“ aus dem 16. Jahrhundert. In dieser Legende besiegt Nezha einen Drachenprinzen, was zu einem großen Konflikt mit dem Drachenkönig des Östlichen Meeres führt und schließlich zu Nezhas dramatischem Selbstopfer und späterer Wiederauferstehung.
Ölpapier-Schirme
Ölpapier-Schirme sind traditionelle Handwerksprodukte, die vor über tausend Jahren in China entstanden und sich später in andere ostasiatische Länder wie Japan und Korea verbreiteten. Sie werden durch sorgfältiges Auftragen von Öl auf Papier hergestellt, das über einen Bambusrahmen gespannt ist, was sie sowohl wasserdicht als auch langlebig macht. Historisch als Sonnen- und Regenschirme verwendet, sind sie auch zu symbolträchtigen Kulturobjekten geworden, die mit Kunsthandwerk, Volksbräuchen und zeremoniellen Anlässen verbunden sind.
Drachenbootfest
Das Drachenbootfest, auch Duanwu-Fest genannt, ist ein traditionelles chinesisches Fest mit einer über 2000-jährigen Geschichte. Es wird am 5. Tag des 5. Monats des chinesischen Mondkalenders gefeiert, um an den patriotischen Dichter Qu Yuan zu erinnern, der sich aus Protest ertränkte. Das Fest ist vor allem für seine Drachenbootrennen und das Essen von Zongzi (klebrige Reisklöße) bekannt, die ursprünglich in den Fluss geworfen wurden, um die Fische zu füttern und Qu Yuans Leichnam zu schützen.
Drachenbootrennen
Drachenbootrennen sind eine traditionelle chinesische Paddelsportart mit einer über 2000-jährigen Geschichte. Sie entstanden ursprünglich als Ritual zur Besänftigung von Flussdrachen und entwickelten sich zu einer Gedenkfeier für den patriotischen Dichter Qu Yuan, der sich im Miluo-Fluss ertränkte. Heute ist es ein globaler Wettkampfsport und kulturelles Fest, das besonders während des Drachenbootfestes gefeiert wird.
Beifuß
Beifuß ist keine konkrete Stätte oder kulturelle Sehenswürdigkeit, sondern eine mehrjährige Pflanze mit einer langen Geschichte der Verwendung in verschiedenen Kulturen. Sie wird seit Jahrhunderten in der traditionellen Medizin, Küche und spirituellen Ritualen eingesetzt, insbesondere in Ostasien und Europa. So wird sie beispielsweise mit Moxibustion in der Traditionellen Chinesischen Medizin in Verbindung gebracht und sollte in der europäischen Folklore böse Geister abwehren.
Luban-Puzzles
Luban-Puzzles sind traditionelle chinesische Geduldsspiele und mechanische Spielzeuge, benannt nach Lu Ban, einem legendären Meisterzimmerer und Ingenieur aus der Zeit der Frühlings- und Herbstannalen (um 500 v. Chr.). Diese komplizierten Holzpuzzles bestehen aus ineinandergreifenden Teilen, die auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt werden müssen, und zeigen raffinierte Verbindungstechniken ohne Nägel oder Leim. Sie spiegeln das alte chinesische Handwerk wider und werden oft zur Förderung des logischen Denkens und der Problemlösungsfähigkeiten eingesetzt.
UNESCO-Listen des Immateriellen Kulturerbes
Die UNESCO-Listen des Immateriellen Kulturerbes sind ein internationales Programm, das 2008 eingerichtet wurde, um wichtige kulturelle Traditionen und Praktiken zu schützen und das Bewusstsein dafür zu schärfen. Diese Listen erfassen lebendiges Erbe wie mündliche Überlieferungen, darstellende Künste, soziale Rituale und traditionelles Handwerk, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Die Initiative soll die Lebensfähigkeit dieser kulturellen Vielfalt angesichts der Bedrohungen durch die Globalisierung sicherstellen.